wahrnehmungen

erinnerung

mich fasziniert immer schon das erinnern; daß wir uns erinnern können.
henry miller sagt (in "remember to remember"):
"Sich erinnern ist die Sendung des Menschen auf Erden. Sich ans Erinnern zu erinnern. Alles in Ewigkeit zu kosten, wie einmal in der Zeit...
Erinnerung ist der Talisman des Schlafwandlers auf dem Boden der Ewigkeit.
"
ich kann mich an so viele vergangene dinge oder erlebnisse erinnern, die jahre zurückliegen, sogar an die zeit als ich 3 jahre alt war, oder noch jünger. ich erinnere mich oft so, als wäre das eben vorhin passiert. ich habe es immer geliebt, mich zu erinnern. habe mir geschichten erzählen lassen, die erinnerungen anderer menschen sind an ihr erlebtes.
oft ist das gefühl überwältigend, daß es keine vergangenheit gibt, daß alles immer präsent ist, und die erinnerung eigentlich nur eine frage der wahrnehmung: ist das sensorium eingeschaltet oder nicht. womit bin ich beschäftigt? wenn ich fasziniert oder abgelenkt von einer konkreten beschäftigung bin, kann dieser sensorische apparat nicht in meinem bewußtsein 'online' sein. lässt man aber dem bewußtsein den raum, sich mit dem sensorium zu verbinden, kann erinnerung im weitesten sinn stattfinden.
zeit ist dann nichts lineares, irreversibles, sondern eben ein kontinuum, eine art phantasie-erinnerungs-raum, in dem reisen unternommen werden können, müssen.

eis auf dem wasser

ein neu gefaßtes ziel kann müßige gedanken spurlos vertreiben - nicht, daß sie später irgendwann nicht wieder zurückkämen, aber für den moment sind sie fort.
draußen, am wasser des donau-altarmes, seh ich an der dünnen eisdecke, wie kalt es in der nacht gewesen ist, und während weiter entfernt laute kinder diese zarte eisdecke zertreten und mit steinen bewerfen, achte ich auf die feinen sonnenstrehlen:
langsam tauen sie das eis; an einigen stellen ist schon die gleichmäßige, spiegelglatte wasserfläche zu sehen. ich sehe die konturen der kristallisationsformen: wie riesige eisblumen oder -blätter bedecken sie das wasser.
während die sonne ihr werk tut, beobachte ich, wie die großen pflanzformen nach und nach den widerstand aufgeben, nur noch die umrisse der kristallstrukturen sichtbar sind, in der minute darauf aber sich schon auflösen, zu wasser werden.
als letzten rest sieht man noch die ränder der ehemaligen eisblumen: dann ist da nur noch wasser.

wer war andre heller?

vor einigen tagen im orf die "nacht des austropop" (ein echtes unwort. austropop), mit den ewigen ambrossen und dänzern etc., aber auch dem selten gezeigten legendären nachruf a. hellers auf sich selbst (1972), in echter surrealistischer manier, "wer war andre heller?"

nach diesem film fühlt man sich so recht als österreicher, und sieht in heller den showmaster, der den abspann auf österreich spricht, singt, darstellt.

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in diesem film, seit langer zeit wieder einmal gehört, hellers lied "sei poet".


Sei Poet
benütz die Sprache als ein Federbrett,
spring einen Salto in die Alphabete,
zieh jeden Satz wie eine Flagge hoch.

Sei Poet,
nicht Schaf im Wolfspelz für ein Schattenspiel,
nicht Winterkleid für all die dünnen Phrasen,
die jedermann zu jedermann an jedem Tag erzählt,
Dann kannst Du Gärtner der Träume sein,
hurra!
Und kannst Kalif von Bagdad sein,
hurra!
Mehr will ich nicht von dir,
Mehr will ich nicht von dir,

Sei Poet,
Den innern Erdteil sollst Du projizieren
mit magischen Laternen und mit Spiegeln,
die man für zwei Kometen überall erhält.
(A. Heller)

scheitern

der sisyphus-versuch, mit worten musik zu machen, der immer scheitern muß - am eigenen unvermögen. und auch am mißverständnis, daß diese eine aufgabe wäre.

durstige augen

die paar sonnenstrahlen, die sich durch die schmalen lücken zwischen den wolken werfen: meine augen saugen sie ein, wie ein sehr heißer stein die sprichwörtlichen tropfen.

chopin

klavierkonzert nr.1, chopin (rubinstein/walleinstein).
(chopin hat es erst nach dem zweiten geschrieben, weshalb es eigentlich die nr. 2 ist. damals war er 20 jahre alt, 1829/30)

musik, die die richtige für diesen tag ist, passend wie keine zweite (mögliche alternative: beethovens drittes klavierkonzert, leider nur auf MC vorhanden, aber keine abspielmöglichkeit. chopin ohnehin passender)
die sinnlichkeit und geistigkeit in chopins musik ist auf verblüffende art indentisch: kein gegensatz oder widerspruch zwischen geist und sinnen, emotion und klarem gedanken.
und die leichte traurigkeit, die ich melancholie nennen möchte, aber jede art von melancholie, die befügelt und einen sich selbst finden und fühlen lässt ..
wie ich chopin liebe -

10.11. morgens

auf einem kleinen, rot umrandeten schild weist der magistrat darauf hin, daß der parkplatz nicht bewacht ist und auf eigene verantwortung benutzt wird, im winter wird hier auch nicht gestreut. SPAR verkauft angeblich die billigste haushaltsschokolade österreichs. die hospitz-bewegung will spendengeld, die clowndoctors auch (ich gehe täglich im AKH ein und aus, und habe - außer beim geld sammeln - noch nie einen einzigen in aktion gesehen). karl lagerfeld und cindy crawford werben für h&m.
hinter einer imbißbude bei der u-bahn-endstelle steht ein mann in gekrümmter haltung, etwa 50 jahre alt. sein körper zuckt, schluchzend und erbrechend. jugendliche stehen quatschend und prahlend direkt am rolltreppenaufgang und kümmern sich einen dreck, daß andere fahrgäste die rolltreppe benützen wollen.
gusenbauer ist startklar, leitl lohnt sich. er behauptet, kleine betriebe gestärkt zu haben, standorte gesichert etc. etc. strache macht wien zur sichersten stadt der welt. häupl gesteht, daß er in diese stadt verliebt ist, und kennt außerdem plätze in wien, die er am liebsten geheimhalten würde. die stadt wien verschenkt ab 16.11. tausende miserable taschenbuchausgaben eines simmel-romanes, am 14.11.ist der tag des apfels.
eine schulklasse folgt mir in die mitte der u-bahn. obwohl ich bewußt drei waggons weiter vorne eingestiegen bin um dieser unfreiwilligen feldstudie zu entgehen, steigen auch sie dort ein: kleine kopien ihrer erzeuger, aggressiv und hochgradig unzufrieden, sexistisch und besitzgieriger als ihre eigenen eltern. eine neunjährige schreit mir ins linke ohr während ich schreibe, sie sitzt mit ihren freundinnen im viererbob hinter mir. gegenüber ein etwa gleichaltriger junge, der mit schwerem balkan-akzent erklärt, wie scheiße einfach ALLES ist.

das wasser der alten donau ist ruhig; die strandbäder leer, mit farbigem laub auf den friedlichen, einsamen lagerwiesen. das VIC und die hochhäuser auf der platte sehen unwirklich aus, wie die szenerie eines pc-games.
weit hinten, die hügel und kuppen des wienerwaldes, kahlenberg und leopoldsberg, sind weiß vom ersten schnee.
mir ist kalt.

tod in ...

die geschichte von mann's "tod in venedig", mit beliebiger stadt (vorzugsweise im süden) ist deshalb so bekannt, weil sie einen neuralgischen punkt trifft (etwa wie hesse's "klein und wagner"). damals wie heute. die vorstellung, in eine andere stadt zu fahren, und dort nach anfänglichem (intensiven) leben dem tod zu begegnen, ist faszinierend und ein großes thema. a.n.herbst in seiner "sizilischen reise" nimmt es ebenso auf.
immer im herbst (die jahreszeit ist jetzt gemeint) regt sich dieses motiv bei mir, und ich genieße das nachsinnen darüber sehr.

sinne, zitternd

mir zittern die Sinne. Ich fühle: ich kann -
und ich fasse den plastischen Tag.
diese worte rilkes liefen plötzlich in meine großhirnrinde, wie eine patroullie.
wie die tage verschieden sind, wie man einmal fast nur rational lebt, dann wieder ganz mit den sinnen; aber nicht den bewußtlosen sinnen, sondern im bewußtsein, das glasklar die wahrnehmungen der sinne beobachtet und selbst gestalten will - alles andere interessiert dieses bewußtsein nicht.

öl, rüstung, pharma

ein wr. börsenfuzzy nannte in einem interview der ZIB eben die drei branchen ölindustrie, rüstungs- und pharmaindustrie in einem atemzug, als er darüber berichtete, welche börsenkurse heute angezogen haben.

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