mit etwa 14 oder 15 jahren stellte ich mir mit großer dringlichkeit die frage: was würden die menschen machen, wenn mit einem schlag von heute auf morgen alle große kunstwerke der kulturgschichte verschwinden würden - was würden sie tun?
würden sie alles nochmals machen, würden sie freier arbeiten, ohne den ballast der vergangenheit erst die richtige chance zu einer neuen kreativität nützen können?
oder würden sie nichts tun, nichts außer geld anhäufen, fernsehen, kino gehen, saufen, rumvögeln, ins all fliegen, neue maschinen bauen etc ... und damals war ich gutgläubig und einer von den naiven (das bin ich ja wohl heute noch) und unverbesserlich optimistischen: ich war überzeugt, ja, sie würden es wieder tun, nicht genau gleich, aber ähnlich. sie würden perfekte meisterwerke hinkriegen, beeindruckende kathedralen bauen, schlösser, gärten anlegen und so weiter.
als ich eben
diese meldung las, wurde mir aber endgültig klar: nein, würden sie nicht.
und wenn es von heute auf morgen keine nachrichtensendungen mehr gäbe, kein internet und kein global village - sie würden das alles tun, was sie im tv gesehen haben, sie würden alles tun, was sich die menschliche phantasie nur gebären kann. aber die zeit der kunstwerke und kulturen ist vorbei, für immer.
die zukunft, die wir erwarten können, lässt alles offen: furchtbarste fehlentwicklungen (es leitet uns niemand mehr an, keine eltern, keine lehrer, keine götter), massaker, terrorakte, brutalitäten und grausamkeiten. und natürlich wird es hier und da eine oase von menschlichkeit geben; aber der schleier, der sich über die erde gesenkt hat ist ein grauer, schwarzer, freudloser. vampiristisch, gierig, skrupellos, unbarmherzig und sadistisch.
manchmal denke ich mir (und ich bin schon lange aus der kirche ausgetreten, habe mit diesem verein nie etwas zu tun gehabt, bin nicht gottgläubig etc...), wir sollten uns hinsetzen und beten. einfach beten, wie die tibetischen (und viele anderen) mönche es täglich tun seit jahrhunderten, um die negativitäten der westlichen welt auszugleichen, damit
es kommen kann, eines tages, über das ingeborg bachmann sagte:
"Und ich glaube nicht an diesen Materialismus, an diese Konsumgesellschaft, an diesen Kapitalismus, an diese Ungeheuerlichkeit, die hier stattfindet . . . . Ich glaube wirklich an etwas, und das nenne ich "ein Tag wird kommen". Und eines Tages wird es kommen. Ja, wahrscheinlich wird es nicht kommen, denn man hat es uns ja immer zerstört . . . . Es wird nicht kommen, und trotzdem glaube ich daran. Denn wenn ich nicht mehr daran glauben kann, kann ich auch nicht mehr schreiben."