kriegsgrund der USA 'offiziell' nur vorwand

jetzt gibt es der US-verteidigungs-vize wolfowitz offen zu:
alles nur vorwand. wenn ich er wäre, hätte ich die klappe gehalten. was steckt da für einen taktik dahinter? ein eingeständnis und ein bekenntnis zu einer neue art von politik, an die wie uns ohnehin viel zu schnell gewöhnt haben?
kinomu - 31. Mai, 03:33

Er hat gesagt, was wir ohnehin längst wussten, ist von der Linie abgewichen, die nur noch peinlich war.
Ich habe den Eindruck, dass er aus 2 Gründen eine so heftige Reaktion der Medien hervorgerufen hat: die Kriegsbefürworter werden der Illusion beraubt, es wäre wirklich in erster Linie um Massenvernichtungswaffen gegangen; und die, die den Angreifern am liebsten vorwerfen, die Sache mit den Massenvernichtungswaffen sei nicht der wahre Grund, weil es weniger Spass macht, etwas vor zu werfen, zu dem der Andere steht.

ferromonte - 31. Mai, 10:39

da liegt eben

auch schon meine befürchtung: das nächste mal haben sies dann nicht mehr nötig, einen gelogenen vorwand hinzuhalten. sie tuns einfach so ... und ein slogan wie "die sicherheit der USA ist gefährdet" ist immer brauchbar: wie die römer, die immer nur ihr vaterland verteidigt haben ..
TradingDesk - 14. Sep, 01:20

Alleine deshlab war die Befreiung der IrakerInnen sinnvoll:

Schläge mit der Stahlkette

Das Frauengefängnis in Kandahar ist ein Verlies der Verstoßenen, Misshandelten, Vergewaltigten. Den meisten der Eingesperrten ist nichts anderes vorzuwerfen als die Flucht vor einem gewalttätigen Ehemann. Von mehr Rechten für die Unterdrückten, wie es die neue Regierung versprach, ist im Süden Afghanistans nichts zu spüren.

Es war ein Tag im Oktober 1996, als Mina ihre Freiheit verlor. Die Taliban waren gerade erst vor ein paar Tagen in die afghanische Hauptstadt Kabul eingerückt. Mina war damals 21 Jahre alt, verheiratet und halbwegs glücklich. Mit ihrem Sohn Jonahmad hatte sie sich auf dem Weg zu ihrem Vater gemacht, als sie ein Fremder ansprach. Er war freundlich, erinnert sie sich. Der Weg sei zu gefährlich für sie als Frau, habe er gesagt, sie solle besser mit ihm fahren. Mina willigte ein. Dass der Fremde sie mit seinem Wagen nicht zu ihrem Vater fuhr, merkte sie schnell. Es wurde eine weite Reise und der Beginn einer langen Gefangenschaft.

Wenn Mina an diese Momente in Kabul denkt, beginnt ihre Stimme zu zittern. Zusammengesackt hockt sie mit zwölf anderen Frauen auf dem nackten Betonboden des Gefängnisses Sarfoze am Stadtrand des südafghanischen Kandahars. Hinter ihnen öffnen sich drei Zellen, die mit Strohmatten ausgelegt sind. Neben ihr kaut ihr heute neunjähriger Sohn Jonahmad auf einem Kugelschreiber herum. "Damals ist mir mein Leben gestohlen worden", sagt sie leise unter einer schmutzigen blauen Burka.

"Besser im Gefängnis als bei meinem Mann"

Mina sitzt wie die meisten der zwölf anderen Frauen im Knast, weil sie vor einem Mann geflohen ist, für den sie eine Beute war. Als er vor rund drei Monaten ihre Zimmertür einmal nicht verschloss, nahm Mina ihren Jonahmad und lief davon. Weit kam sie nicht. An einem Polizei-Checkpoint wurde sie gestoppt und festgenommen. Obwohl sie seit ihrer Verhaftung nicht weiß, wie es mit ihr weiter geht, hat sie nach Jahren zum ersten Mal wieder etwas Hoffnung. "Die Zeit hier war besser als die letzten sieben Jahre bei meinem Mann", sagt sie.

Seit sie 1996 in Kabul gewaltsam aus ihrem damaligen Leben gerissen und verschleppt wurde, war Mina eine Ware. In der südafghanischen Taliban-Hochburg Kandahar sollte sie an den Mann gebracht werden. Ein Kunde hatte sich bereits gefunden. Es war ein Taliban-Kommandeur, der bei einer Granatenexplosion beide Hände verloren hatte. Für 500.000 Afghani, damals umgerechnet 200 Dollar, kaufte er die junge Mina. Von nun an war sie Eigentum, er nannte sie seine Ehefrau.

Schläge mit der Stahlkette

Für Mina begann in Kandahar ein Leben in Gefangenschaft und Leid. Unter der Burka verbirgt die 28-Jährige das Gesicht einer rasch gealterten Frau. Ihre Augen liegen in tiefen Höhlen, die Stirn ist faltig, ihr Gang träge. Was sie mit tonloser Stimme berichtet, ist die Geschichte eines Martyriums. "Er sperrte mich den ganzen Tag in seinem Haus ein", sagt sie. Bevor ihr Mann aus dem Haus ging, habe er sie an den Händen am Bettgestell gefesselt. "Ich wollte nicht mit ihm schlafen", flüstert sie, "doch immer wieder zwang er mich dazu." War sie nicht folgsam, schlug der Taliban-Kommandeur sie mit einer Stahlkette.

Minas Bericht klingt wie eine Horror-Episode aus den Tagen der Fundamentalisten, doch ähnliche Schicksale gibt es in zahlreichen Dörfern des Landes. "Dass Familien ihre Töchter wie ein Auto verkaufen, ist immer noch eine gängige Praxis", sagt Sarah Chazey, eine ehemalige Radio-Reporterin. Auch gebe es immer wieder Berichte über Verschleppungen. Chazey hat in Kandahar die Frauenorganisation "Afghans für Civil Society" aufgebaut. Gerade im armen Süden Afghanistans sei diese Art von Menschenhandel für viele Familien der einzige Weg, um zu überleben, sagt sie. Wenn die Ehe erst geschlossen wurde, gebe es für die Frauen kein Zurück mehr.

Schwanger von ihrem Peiniger

Viermal wurde Mina von ihrem neuen Ehemann wider Willen schwanger. Heute trägt sie wieder ein Baby von ihm in ihrem Bauch. Doch die Kinder seien nicht ihre, sagt sie bitter. Für Mina sind sie nur die Kinder des Kommandeurs. Sie kann sie nicht lieben. Das Kind in ihrem Bauch nennt sie ein "böses Kind". Mina beginnt zu weinen. Am liebsten würde sie das Baby verlieren, schluchzt sie leise. "Es würde mich nur immer an die Zeit erinnern, die hinter mir liegt."

Leiden musste auch ihr Sohn aus erster Ehe, der nun mit ihr im Gefängnis darbt. Der Kommandeur schickte den kleinen Jonahmad jeden Tag um sechs Uhr morgens zur Arbeit auf die Felder. "Er schrie den Jungen an und machte ihm klar, dass er nicht von ihm ist", sagt Mina. Auch das Gesicht des Jungen ist nicht das eines Neunjährigen. Seine braunen Augen scheinen fast immer ins Leere zu starren. Als er den Namen von Minas Käufer hört, vergräbt er sein Gesicht in den Händen, Tränen rinnen zwischen den Fingern herrunter. Selbst die Bonbons des Gefängnischefs beruhigen den Jungen nicht.

Gesetze aus den Zeiten des Königs

Warum Mina seit etwa drei Monaten in dem schäbigen Knast aus den Anfangstagen des letzten Jahrhunderts sitzt, ist unter den Offiziellen in Kandahar umstritten. Der milde dreinschauende Gefängnischef Lal Mohammad meint, die Polizei wolle sie nur vor ihrem gewalttätigen Mann schützen. Sobald er verhaftet sei, komme Mina frei. Der Generalstaatsanwalt Haji Mohammed Issa dagegen will wissen, dass eigentlich gar nichts gegen den Mann vorliegt. "Mina ist mit ihm verheiratet, ob verkauft oder nicht, ist für uns nicht relevant", sagt er. Da sie fortgelaufen sei, müsse sie sich vor Gericht verantworten.

Der Generalstaatsanwalt ist erst seit anderthalb Jahren oberster Ankläger in Kandahar, eingesetzt von der neuen Zentralregierung Hamid Karzais in Kabul. Gern berichtet der Mann mit dem akkurat gestutzten Bart, dass er 1964 sein Jura- und Politikstudium beendet habe. Aus der gleichen Zeit stammen auch die Gesetze, nach denen in Afghanistan seit dem Ende der Taliban geurteilt wird. Laut den Dekreten aus vergangenen Zeiten ist es einer Frau noch immer verboten, von ihrem Mann fortzulaufen. Umgekehrt jedoch kann ein Mann seine Frau ohne einen Grund verstoßen.

Der Peiniger war dem Staatsanwalt sehr sympathisch

Das Fehlen von neuen Gesetzen, das die Rechte der Frauen berücksichtigt, ist eines der vielen Versäumnisse der US-gestützten Karzai-Regierung, aber auch der internationalen Aufbauhelfer in Afghanistan. Dabei hatten gerade die Amerikaner ihren Feldzug gegen die Taliban auch mit deren unmenschlicher Unterdrückungspraxis gegenüber Frauen begründet.

Selbst wenn irgendwann im nächsten Jahr die neue Verfassung verabschiedet werden sollte, wird dies vermutlich für die Frauen wenig ändern. In den bisherigen Entwürfen werden sie nicht einmal explizit erwähnt. Dass sich die Vorschriften über Ehescheidungen ändern werden, ist eher unwahrscheinlich.

In den nächsten Tagen soll Mina vor Gericht erscheinen. Ihre siebenjährige Leidensgeschichte spielt im Scheidungsfall keine Rolle. "Ich kenne diese Fakten nicht", sagt Generalstaatsanwalt Issa. Mina könne aber jederzeit eine Klage einreichen. Falls sie Beweise bringen könne, werde gegen ihren Mann verhandelt. Issa kann sich jedoch kaum vorstellen, dass Minas Erzählungen über die Gewaltexzesse einen wahren Hintergrund haben. "Ihr Mann war vor zwei Tagen in meinem Büro und ich fand ihn sehr sympathisch", sagt er. Es hört sich aus dem Mund des mächtigen Anklägers wie ein Gegenbeweis an.

"Zur Not werde ich hier im Gefängnis alt"

Für Mina hat Issa einen einfachen Tipp: Sie solle lieber bei ihrem Mann bleiben. Seine beiden Stellvertreter lächeln bei den Worten ihres Chefs. "In Afghanisten herrschen eben noch andere Gesetze", sagt einer von ihnen, "wir bezahlen eine Menge Geld für unsere Frauen, da wollen wir sie auch behalten." Die feixende Männerrunde hat ihre ganz eigenen Meinungen über die weiblichen Gefangenen aus dem Sarfoze-Gefängnis. "Warum sind denn Hunderttausende Frauen noch bei ihren Männern und nur zwölf in unserem Gefängnis?", fragt Issas Stellvertreter und grinst, "irgendwas muss doch mit ihnen falsch sein."

Mina will trotz aller Schwierigkeiten versuchen, gegen ihren Peiniger vorzugehen. "Es kann doch nicht sein, dass er straflos davonkommt", sagt sie. Schließlich habe er ihr und ihres Sohnes Leben zerstört. Die meiste Angst hat sie davor, vom Gericht zu ihm zurückgeschickt zu werden. "Wenn das passiert, bringe ich mich und meinen Sohn um", sagt sie. Doch auch wenn sie frei kommt, weiß sie nicht, wo sie hin soll. Ihre Familie würde sie als geschiedene Frau nicht mehr aufnehmen, fürchtet sie. Allein kann sie weder in Kandahar noch im moderateren Kabul als Frau ohne einen Mann leben.

Sie will ihren ersten Mann in Kabul suchen, zu dem sie seit der Entführung kein Lebenszeichen übermitteln konnte. Ob sie ihn finden wird, ist ungewiss. Noch ungewisser ist, ob er nach den Jahren der Trennung seine Frau wieder aufnehmen würde. "Zur Not werde ich hier im Gefängnis alt", sagt sie resigniert, "schlechter als zuvor kann es mir nicht mehr gehen."

© SPIEGEL ONLINE - 11. September 2003

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