in einer Situation wie dieser Corona-Krise kann man sehr deutlich beobachten, dass wir alle nur etwas zu wissen glauben, aber unterschiedliche Informationsquellen für glaubwürdig halten. Je nach Vorbildung (sieht man auf medizinischer Seite: oft autoritäre Vorgaben, was die Wahrheit ist und was demnach zu tun ist...), emotionaler Grundlagenfärbung, Persönlichkeit und Charakter.
Es wird einmal mehr deutlich, dass die in unseren Ländern verbreitete Großreligion der Glaube an die "Naturwissenschaft" ist.
Dieser Glauben ermöglicht den Menschen das Gefühl von Sicherheit und Erkenntnis. Einerlei ob das religiöse Inhalte sind, oder wissenschaftliche. Wir können das eine wie das andere nicht persönlich überprüfen, es erscheint jedem etwas anderes aus bestimmten Gründen naheliegend und realistisch bzw. plausibel, und er ist bereit dies oder das zu glauben. Interessant ist, dass es auch weiterhin so ist wie immer schon, wie auch im Mittelalter:
Es gibt einen Mainstream Glauben, oder einen staatlich propagierten und zertifizierten, die offizielle Version sozusagen, und wer davon abweicht wird abgewertet, mundtot gemacht (die deutschen kritischen Ärzte im Netz..) oder für verrückt erklärt. Denn die Unsicherheit und das Wissen, dass wir letztendlich alle nur eine aktuelle Version eines Glaubens vertreten, ist für die meisten Menschen nicht zu ertragen. (Kränkung)
Da kommt dann schon einmal eine heftige emotionale Reaktion, da kommen Aggressionen und Wut hoch, da möchte man die Andersgläubigen zum schweigen bringen oder bestrafen ... und alles aus Angst, Unwissenheit und eben eigener Glaubensüberzeugung. Die aber letztendlich nicht sehr groß oder stark sein kann, wenn sie so heftige Reaktionen fordert.
Man stelle sich einen Papst vor, der bei jedem Andersglaubenden einen Wutausbruch bekäme...
ferromonte - 8. Apr. 2020, 11:03
endlich
den film gesehen. schlappe abgezählte 10 leute im kino.
es ist ein film, den man ihn im grunde nicht verkraften kann. denn die wahrheit dahinter, sofern sie wahr ist, ist so entmachtend und niederschmetternd, dass man einfach zu boden gehen muss. man möchte heulen und vor wut rasend werden, aber beides lässt man nicht zu, weil die ohnmacht stärker ist.
ein film, dessen aussagen und inhalte man sofort wieder verdrängt, um weiterleben zu können: wissend, wie falsch das ist.
video meliora proboque, deteriora sequor
ferromonte - 8. Jan. 2009, 23:04
zu
dieser geschichte:
Form und Stoff
Herr K. betrachtete ein Gemälde, das einigen Gegenständen eine sehr eigenwillige Form verlieh. Er sagte: "Einigen Künstlern geht es, wenn sie die Welt betrachten, wie vielen Philosophen. Bei der Bemühung um die Form geht der Stoff verloren.
Ich arbeitete einmal bei einem Gärtner. Er händigte mir eine Gartenschere aus und hieß mich einen Lorbeerbaum beschneiden. Der Baum stand in einem Topf und wurde zu Festlichkeiten ausgeliehen. Dazu mußte er die Form einer Kugel haben. Ich begann sogleich mit dem Abschneiden der wilden Triebe, aber wie sehr ich mich auch mühte, die Kugelform zu erreichen, es wollte mir lange nicht gelingen. Einmal hatte ich auf der einen, einmal auf der anderen Seite zuviel weggestutzt. Als es endlich eine Kugel geworden war, war die Kugel sehr klein.
Der Gärtner sagte enttäuscht: "Gut, das ist die Kugel, aber wo ist der Lorbeer?"
(Bertolt Brecht - Geschichten von Herrn Keuner)
ferromonte - 16. Okt. 2007, 18:34
in einer welt, in der die selbstgerechtigkeit leicht risse erhalten konnte, wollte niemand gern die wahrheit hören; lese ich heute bei meiner u-bahnfahrt.
und dabei schweifen meine gedanken an den heftigen streit vor zwei tagen, der noch bis gestern seine folgen spüren ließ. man nimmt daraus mit: wie sonst sensible und intelligente menschen ihre reaktionen ihren tiefsten ängsten unterordnen, nicht den inhalten. daß inhalte und argumente nicht selbst wichtig sind, sondern auch nur den emotionalen bedürfnissen unterliegen. die folgen der gewalt sind verheerend und erschütternd.
und: es gibt immer die möglichkeit, das zu vermeiden.
ferromonte - 31. Jul. 2007, 22:06
während gestern der schneeberg wie ein kleiner edelstein in der ferne glühte, liegt er jetzt matt und farblos dort draußen, als hätte die kupferscheibe nachts ihm alle kraft entzogen -
gerade sonntags habe ich oft das gefühl, allein an einem verdreckten strand zu stehen und nach der botschaft der unwirtlichen brise zu fragen, die mir ins gesicht fährt. da bleibt so wenig gutes aus dem alltag zurück, es dominieren lärm und schmutz der stadt, lügen und intrigen am arbeitsplatz und vom bild, das die medien von weltpolitik und regionalpolitik zeigen, kann man sich nur angewidert abwenden. es bleibt einem nur die welt, die man sich selbst erschafft, sie bleibt das biotop, in dem man überleben kann und will.
ferromonte - 4. Mär. 2007, 10:36
was liebe ist, lässt sich meist nur negativ detektieren: wenn zwischenmenschliche liebe abgezogen wird bleibt einem die luft weg, wird einem ein teil rausgerissen. die ursachen sind völlig gleichgültig, sie sind nur wichtig, wenn man ein erklärungsmodell für die ursache der krise sucht. was man dann später braucht, um zu überleben.
durch unachtsamkeit und gewohnheit zerstört man alles feine und wertvolle lebendige. es ist wirklich ein jammer, und dementsprechend jämmerlich ist man dann, weil man sich so fühlt.
es bleibt immer die frage: müsste liebe das nicht alles aushalten, locker? warum ist bei uns ein korsett von bedingungen an liebe geknüpft? und kann man sagen: wenn dieses korsett im spiel ist, ist es keine echte liebe? es gibt so viele arten von liebe. man kann gar nichts dazu sagen, gar nichts. nur leiden, oder glücklich sein.
an wunder zu glauben heißt (bloß), ans leben zu glauben. nichts weiter.
ferromonte - 10. Feb. 2007, 9:18
da war 1999 schon was anderes:
ärzte ohne grenzen sind ein würdiger empfänger.
"A shot in the arm", als eine Kraft spendende Impfung sei der Friedensnobelpreis für die IAEO und ihren Direktor gedacht, habe ihm der Präsident des Komitees am Telefon gesagt, erzählt ElBaradei. Ein "wunderbares" Gespräch mit US-Außenministerin Condoleezza Rice, die ihm gratuliert habe, schloss sich an, berichtet er und meint es auch wirklich so: Der Nobelpreis ist eine Bestätigung für multilaterale Politik, und wir sind alle Partner, heißt ElBaradeis Logik.
daß impfungen
stärken, ist ein märchen. eine verhöhnung das "wunderbare gespräch" mit frau rice. für wie blöd hält ihr uns?
ferromonte - 7. Okt. 2005, 22:19
museumsquartier, platz vor der kunsthalle.
mütter brüllen quer über den ganzen platz nach ihren tobenden kindern; friedliche jugendliche sitzen auf den mintgestrichenen, zusammengebundenen sitzelementen;
gabi komm jetzt!, zum hunderttausendsten mal - könnt ihr nicht endlich das maul halten und hingehen zu euren süssen gschroppn? ich weiß, ich bin ein intolerantes arschloch, weil ich nicht einsehen will, warum ich mir hier von müttern und kindern den schädel zuplärren lassen muß; ich bin egoistisch, weil ich hier ein wenig ausruhen und lesen und nicht zeuge der ursachen von gewalt und irrsinn werden möchte. scheinbar bin ich der einzige, der mit dem lärm ein problem hat, wie so oft.
eine mutter und deren mutter, drei kinder als vorhut, vielleicht sieben oder acht jahre alt, zwei buben, ein mädchen. sie schreien wie vom affen gebissen "feueralarm, feueralarm!" pausenlos, nachhaltig, penetrant. springen dabei auf die sitzelemente, rutschen von laternenmasten, springen auf bänke, mauern, und ihre schreie stechen wie messer in meinen kopf. mutter und deren mutter führen smalltalk mit dem töchterchen, ja was habt ihr denn heute zu mittag bekommen? nudeln, meint die großmutter, sie wisse was es gegeben habe, nudeln. - palatschinken, sagt die tochter, gemüsepalatschinken. und ein eis. und aus. ausnahmsweise in normaler lautstärke, was fast anachronistisch klingt, altmodisch.
die truppe zieht direkt an mir vorbei: "feueralarm!" brüllt einer der beiden jungs, "feueralarm" echot der andere hysterisch zurück, sie brüllen sich in eine art blutrausch, die mutter merkt es nicht oder findet das normal. ich frage mich, wie die wohnen, was dort abgeht. sie springen, trampeln, schreien und brüllen. ich frage mich einen moment lang, ob die kinder vielleicht behindert sind, die beiden buben jedenfalls; verwerfe den gedanken aber sofort wieder, sie sind ja fast alle so. von rechts zieht jetzt zigarettenrauch in mein gesicht, da sitzt ein etwa dreißigjähriger in jeansmontur, laptop auf den knien. verkniffenes starren auf den schirm, gelegentlich bewegt er die endglieder der finger seiner rechten hand. feueralarm, denke ich.
die beiden jungs brüllen im umkreis von vierzig metern markerschütternd laut ihre feuerwarnungen, während ich mir vorstelle, wie die mit fünfzehn sein werden. kinder müssen laut sein können, klar, und sich bewegen können, logisch. vor allem, wenn sie von 8 bis 16h in horten oder schulen stecken, wo, wie anzunehmen ist, keine pädagogisch auch nur ansatzweise richtige betreuung geboten wird. die müssen ja durchdrehen.
ein anderes kleines mädchen läuft mit nacktem oberkörper herum, soll es ja geben: kinder, die sich permanent ihrer kleidung entledigen. eigentlich ist es ziemlich kühl heute, ich friere trotz unterhemd, hemd und sakko. ich renne und brülle aber auch nicht.
einer der feuermelder hat einen fußball organisiert, den er jetzt wie im rausch gegen die außenverkleidung des leopold-museums tritt. er ist so mittlerweile heiser, daß man ihn kaum versteht. euer-am! arme ratte. die erziehungsberechtigte, die mutter, und deren mutter, sind nirgends zu sehen. sitzen wahrscheinlich in irgendeinem schanigarten, von denen es mehr als genug gibt an den rändern des platzes.
mein date kommt. ich gehe.
arme ratten, die gesellschaft von morgen. wenn die erst wählen ...
ferromonte - 19. Sep. 2005, 23:28
neulich, bei einer diskussion mit einem freund - betreffend die unmöglichkeit, auch nur eine der polit. parteien in österreich zu wählen, sowie meine oft verzweifelte beobachtung der politischen entscheidungen in österreich:
es ist die zeit gar nicht wert, sich mit den details zu befassen. zu wählen ist eine frage der grundhaltung. da wird die wahlentscheidung dann recht einfach, egal, was für einzelpersonen auch gerade sehr unangenehm ins blickfeld drängeln.
das wirkte wie dir worte eines zen-meisters auf mich. jetzt ist mir leichter, und was geht mich das alltags-hickhack dieser armseligen kreaturen an. es rührt nicht ans wesentliche.
offene weite, nichts von heilig.
ferromonte - 15. Jul. 2005, 21:33
mehr und mehr werden (wissenschaftliche) stimmen laut, die ausschließlich messbare (elektrische, chemische) faktoren als bestandteile der menschlichen maschine gelten lassen.
sie denken nicht mehr, sondern messen nur; und es ist eine forderung, die sich selbst erfüllt: wir sind nur materie und messbare energie, physik und chemie. gemäß ihres glaubens und weltbildes definieren sie alles nach physikalisch-chemischen gesichtspunkten und wollen nun eine wende der weltsicht einleiten.
Wenn in unserem Hirn nur elektromagnetische Reaktionen ablaufen, ist alles Handeln und Fühlen erklärbar und vorbestimmt. Wenn es die Idee von freier Willensentscheidung nicht mehr gibt, muss über Verantwortung und Schuld völig neu nachgedacht werden. Vorbei ist die Illusion von einem freien, das menschliche Handeln bestimmenden Geist. Vorbei ist die Zeit metaphysischer und nichtmaterieller Erklärungen. Handeln und Fühlen sind nur noch Produkte elektrischer Impulse. das ganze kommt einer art religiös begründetem selbstmord gleich.
sic transit gloria mundi ...
"Geist und Bewusstsein", so der Titel des Manifests, fügen sich in das Naturgeschehen ein und übersteigen es nicht. Der Mensch ist damit wieder näher beim Tier. Nach dieser Theorie laufen in unserem Hirn zuerst vorbewusste neuronale Vorgänge ab, die dann vom Bewusstsein nur noch zur Kenntnis genommen werden. Der Satz von Rimbaud "Ich ist ein Anderer" bekommt hier eine völlig neue Wendung.
ferromonte - 19. Okt. 2004, 20:36