vor weihnachten
es ist wieder die zeit, in der die santa-puppen in selbstmörderischen posen an hauswänden und von balkonen hängen und viele der hier lebenden menschen versuchen, sich gegenseitig mit weihnachtskitsch nach US-art zu übertrumpfen: da gibt es konzentrische kreise und sterne in den fenstern, die auf den ersten blick von einer japanischen leuchtreklame nicht zu unterscheiden sind, blinkend und wuselnd; ganze rentiergespanne samt weihnachtsmann im vorgarten. zipfelbemützte jungmenschengruppen in der innenstadt und auf den adventmärkten: wie launig und fröhlich wir doch sind.
gestern war es spürbar kälter als heute, denke ich mir auf der fahrt zur arbeit, und hier, im 22., liegt ja doch ein wenig schnee: nicht auf den straßen, aber auf gehsteigen, fußwegen, gleiskörpern der tram, rasenflächen.
so manche(r) äußert seine hoffnung auf weiße weihnachten. ich sehe die geometrischen flächen, schneeweiß, die auf den großen straßenkreuzungen von den autoreifen unberührt geblieben sind. rauten, dreiecke, bruchstücke großer ellipsen, spitze und stumpfe winkel. dort könnte man stundenlang stehen, ohne niedergefahren zu werden. ein vogel könnte dort sitzen und den rasenden autos zusehen.
die tage flackern, lichtlos und grau, wiewohl man aus radio und tv weiß: oben auf den bergen scheint die sonne hinter einem wolkenfreien himmel. manchem geht der atem aus, im raschen wechsel von streß und ruhe verwirren sich die hormonhaushalte, die nebennierenrindenhormone sind in den rasch sich ändernden spiegeln meßbar, die spiegel flackern, wie unsere stimmung, und all das erschöpft uns mehr und mehr.
man trifft leute, und legt mehr herzlichkeit in seine worte als gewohnt: ein klammern an die illusion der vertrautheit: wir haben keine zeit für die liebe.
das leben ist kurz, es muß viel erledigt, termine müssen abgehakt werden. ich sage einen zahnarzttermin ab, um eine besprechung noch vor weihnachten stattfinden zu lassen, eine besprechung, an der ich nicht teilnehmen will, weil nichts dabei rauskommt, was ich vorher schon weiß. aber dennoch kommt sie mir gerade recht, wer verzichtet da nicht gerne auf den zahnarzt, wenn er, bekleidet mit pflichterfüllung, auch noch geld sparen kann.
neben mir die frau in der u-bahn: wir stehen im bummvollen waggon, die hände an schlaufen und stangen. erst sehe ich nur die hand, die sich festhält: farbloser lack auf kurzgeschnittenen fingernägeln; die finger, die hand macht einen zarten, aber energischen eindruck. schmales handgelenk, swatchuhrenarmband mit logo, eine unglaublich zarte, weiße haut über dem gelenk, so fein, daß man sie berühren möchte, mit den fingerkuppen drüberstreichen. ich drehe mich und sehe sie an. groß, schlank, mitte dreißig, vielleicht vierzig, braunrote locken, vielleicht gefärbt. glänzende braune augen einer farbmischung, die ich nicht so rasch identifizieren kann, sie strahlen lebendigkeit und energie aus, ungewöhnlich um acht in der u-bahn. ein ring am linken ringfinger, silber oder weißgold, gefasster stein, vielleicht quarz, vielleicht brillant. zwei sichtbare sorgenfalten auf der stirn. sie ist schön, weil sie lebendig ist. ich versuche mir ihr leben vorzustellen, wo sie hinfährt, ihre reisetasche lässt vermutungen und schlüsse zu.
ein freigewordener platz lädt mich zum sitzen, und ich schreibe diese worte, sie ist schon längst ausgestiegen, ich sah nur kurz eine cordhose und eine burgunderfarbene daunenjacke vorbeiwischen ...
gestern war es spürbar kälter als heute, denke ich mir auf der fahrt zur arbeit, und hier, im 22., liegt ja doch ein wenig schnee: nicht auf den straßen, aber auf gehsteigen, fußwegen, gleiskörpern der tram, rasenflächen.
so manche(r) äußert seine hoffnung auf weiße weihnachten. ich sehe die geometrischen flächen, schneeweiß, die auf den großen straßenkreuzungen von den autoreifen unberührt geblieben sind. rauten, dreiecke, bruchstücke großer ellipsen, spitze und stumpfe winkel. dort könnte man stundenlang stehen, ohne niedergefahren zu werden. ein vogel könnte dort sitzen und den rasenden autos zusehen.
die tage flackern, lichtlos und grau, wiewohl man aus radio und tv weiß: oben auf den bergen scheint die sonne hinter einem wolkenfreien himmel. manchem geht der atem aus, im raschen wechsel von streß und ruhe verwirren sich die hormonhaushalte, die nebennierenrindenhormone sind in den rasch sich ändernden spiegeln meßbar, die spiegel flackern, wie unsere stimmung, und all das erschöpft uns mehr und mehr.
man trifft leute, und legt mehr herzlichkeit in seine worte als gewohnt: ein klammern an die illusion der vertrautheit: wir haben keine zeit für die liebe.
das leben ist kurz, es muß viel erledigt, termine müssen abgehakt werden. ich sage einen zahnarzttermin ab, um eine besprechung noch vor weihnachten stattfinden zu lassen, eine besprechung, an der ich nicht teilnehmen will, weil nichts dabei rauskommt, was ich vorher schon weiß. aber dennoch kommt sie mir gerade recht, wer verzichtet da nicht gerne auf den zahnarzt, wenn er, bekleidet mit pflichterfüllung, auch noch geld sparen kann.
neben mir die frau in der u-bahn: wir stehen im bummvollen waggon, die hände an schlaufen und stangen. erst sehe ich nur die hand, die sich festhält: farbloser lack auf kurzgeschnittenen fingernägeln; die finger, die hand macht einen zarten, aber energischen eindruck. schmales handgelenk, swatchuhrenarmband mit logo, eine unglaublich zarte, weiße haut über dem gelenk, so fein, daß man sie berühren möchte, mit den fingerkuppen drüberstreichen. ich drehe mich und sehe sie an. groß, schlank, mitte dreißig, vielleicht vierzig, braunrote locken, vielleicht gefärbt. glänzende braune augen einer farbmischung, die ich nicht so rasch identifizieren kann, sie strahlen lebendigkeit und energie aus, ungewöhnlich um acht in der u-bahn. ein ring am linken ringfinger, silber oder weißgold, gefasster stein, vielleicht quarz, vielleicht brillant. zwei sichtbare sorgenfalten auf der stirn. sie ist schön, weil sie lebendig ist. ich versuche mir ihr leben vorzustellen, wo sie hinfährt, ihre reisetasche lässt vermutungen und schlüsse zu.
ein freigewordener platz lädt mich zum sitzen, und ich schreibe diese worte, sie ist schon längst ausgestiegen, ich sah nur kurz eine cordhose und eine burgunderfarbene daunenjacke vorbeiwischen ...
ferromonte - 16. Dez. 2004, 22:10
und viele reizvolle augenblicke, momente und gedanken