spuren, paul

den lebhaften eindruck, leben ist nichts als spuren zu hinterlassen. so hinterlässt man mit einem weblog spuren, mit jedem satz, den man denkt oder sagt, mit jeder tat, und löst dabei reaktionen aus; man mischt sich ein ins leben auf der erde. lebte man weitab jeglicher zivilisation in einer einsiedelei, bliebe nur die tat des denkens, oder verwandter tätigkeiten, und die lokalen spuren des konkreten lebens: fußabdrücke, spuren menschlichen lebens, hausrat, wohnstatt, lager. man sollte die spuren der gedanken nicht unterschätzen: gedanken sind nicht gedanken, in richtiger weise kultiviert vermögen gedanken weit mehr, als wir zu wissen glauben. jedes leben hinterlässt seine spuren.

du die deinen: in meiner wohnung, in meinem herzen, in meinen gedanken. es waren gute zwei wochen mit dir, und es war nur ein augenblick, gemessen an der zeit, die ich ohne dich verbringe. ich sehe einmal mehr, wie viel ich versäume: von deinen stufen, die du gehst, deinen abzweigungen, die du nimmst, und ich habe keinen einfluß darauf, weil ich nicht dabei bin, wenn die großen dinge geschehen. ich wollte, du würdest öfter mit mir reden, mir deine gedanken und beobachtungen anvertrauen, mir dein leid und deine freuden mit-teilen: ich bin einer der schlüssel zu deiner zukunft, ganz gleich wie sie verläuft und ganz gleich, ob wir beide das wollen oder nicht. das ist die macht - und die verantwortung des vaters, die ich so gerne trage; (und die macht, die auf mir lastet). weißt du, wie stolz ich bin auf dich? weißt du, wie sehr ich dich liebe? (ich will dir nichts davon erzählen, wie alle vorgänge in mir erstarren, wenn wir uns verabschieden, wie ich meine tränen schlucke, um dich nicht zu belasten, aber dieses gefühl sitzt so tief in mir wie kaum ein anderes.)

die silberbände/smallville/was uns den tag verdirbt (nur wir beide wissen es)/der hummelfellmantel/die ausgezeichneten spaghetti all' arrabiata/der mangosaft und das wasser aus der eiszeit/mein waschzwang und deine lässigkeit/die computer-welt/schokolade/bier/die sache mit den schuhen/coolness/expedition/hamburg/-

auf dem heimweg, mit dem blick auf der uhr (wann fährt dein zug ab?) schlendere ich durch die mariahilferstrasse, buchlandung, hintermayer, thalia, fündig werde ich dann in dem kleinen billigbuchladen in der ubahnstation museumsquartier: das richtige buch im moment. das wird mein nachmittag sein - gute fahrt, mein lieber --


(oberfläche eines basaltsteines am elbufer bei der hamburger speicherstadt)
svarupa - 27. Aug, 23:43

Die Liebe eines Vaters zu seinem Kind... ich habe selten so ehrliche und liebende Zeilen eines Vaters gelesen.

ferromonte - 28. Aug, 16:17

ich frage mich nur, warum solche zeilen immer aus einem zustand des leides geboren werden, nicht der ungetrübten freude.
svarupa - 28. Aug, 18:29

Wenn man leidet, weiß man fast immer warum man leidet. Man weiß, warum etwas weh tut und häufig entsteht auch die Notwendigkeit, es einmal ehrlich für sich auszuformulieren (in welcher Form auch immer). Man sucht entweder bewusst oder verzweifelt eine Möglichkeit, es in eine Begrifflichkeit zu bringen – und wenn man es einfach nur auf ein Blatt Papier schreibt. Sich diese Begrifflichkeit anzusehen tut im akuten Moment gut, und später – evtl. aus einer anderen Sicht – auch. Das Leid spricht eine sehr deutliche Sprache – weil man weiß, was man gern hätte und nicht hat, was man gerne leben würde und nicht kann. Dieser Sprache hört man zu. Aus dem Leid heraus entsteht immer ein Erkennen. (Man könnte auch sagen: „Immer erst dann…“).

Wenn man sich über etwas freut, denkt man sehr häufig nicht darüber nach, was in diesem Moment genau diese Freude bereitet - welche Bedeutung man „dieser Freude“ gibt. Und was viel schlimmer ist, man sagt es den Menschen in seinem Umfeld sehr häufig nicht.

Ich habe eine 24jährige Tochter, der ich alles sage, was ich empfinde. Das tue ich aber auch erst in dieser Form, seit dem meine zweite Tochter nicht die Chance bekam, ihr Leben leben zu dürfen. Das impliziert jetzt nicht, dass ich vorher mit meiner ersten Tochter nicht geredet habe – ganz im Gegenteil… aber es ist seitdem ein anderes „Reden“ und dadurch ist es uns möglich, uns auf einer anderen Ebene zu treffen. Dieses andere Reden und Begegnen ist aber auch aus dem Leid heraus geboren.

Ich hoffe, ich bin Ihnen jetzt nicht zu Nahe getreten... wenn ja, dann war das nicht meine Absicht. Herzliche Grüße

Trackback URL:
https://ferromonte.twoday.net/stories/2568838/modTrackback

User Status

Du bist nicht angemeldet.

free text

aus dem bildarchiv:

maennertreu

gehört


Don Pullen
New Beginnings


Sarah Vaughan
Black Coffee


Eva Cassidy
Songbird


counter

suche

 

recently modified

umzug, ende der phase...
mit dem heutigen tag übersiedle ich zu wordpress. hier...
ferromonte - 11. Apr, 22:47
2020
unworte des jahres: "covid-19" "stop corona app" "wieder...
ferromonte - 9. Apr, 14:40
was wir glauben
in einer Situation wie dieser Corona-Krise kann man...
ferromonte - 8. Apr, 11:19
hmja
Dass die EU einmal mehr total versagt, weil wir alle...
ferromonte - 19. Mär, 14:20
Sturheit und Dummheit
https://www.derstandard.at /story/2000115394387/sture -geht-nicht-formeln...
ferromonte - 6. Mär, 15:31
oh ja
oh ja
boomerang - 5. Mär, 23:13
Corona und 2020
Das Erschreckende an der Corona-Thematik sind die Medien(!!),...
ferromonte - 5. Mär, 08:14

Status

Online seit 7749 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

RSS Box

Credits